1. Wien pfeift auf den furzenden Wetterfisch
2. Politik feiert geschnorrte Wassereinleitung Panozza-Lacke
3. 1970: Als der Lobau der Heilige Zorn zu Hilfe kam
Schlammpeitzger: Wien pfeift auf den furzenden Wetterfisch (7.3.2024)
Der Europäische Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis) ist eine streng geschützte Fischart – er steht im Anhang II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH), im Appendix III des Berner Konvention und ist in Österreich laut Roter Liste vom Aussterben bedroht. Siehe auch Lobau: Geschützte Tierarten der Gewässer und Feuchtlebensräume.
Dass dieser Fisch in der Lobau vorkommt, meldet die Stadt Wien regelmäßig nach Brüssel – im Standard-Datenbogen für Natura-2000-Gebiete, zuletzt im November 2022, siehe Natura-2000-Gebiet Donau-Auen, Wiener Teil, Standard-Datenbogen.
Auf welcher Basis, ist rätselhaft. Wie Manfred Christ in seinem Artikel festhält, gibt es im Wiener Teil des Nationalparks Donau-Auen bis heute kein Monitoring. 2019 hieß es, der Schlammpeitzger sei in Wien verschollen oder ausgestorben – auf Basis einer detaillierten Erhebung der FFH-Fischarten für das gesamte Stadtgebiet. „Allerdings“, so Christ, „war die Lobau von dieser Erhebung ausgenommen (!).“
Der Schlammpeitzger ist kein Einzelfall – es fehlt in der Lobau hinten und vorn an Erhebungen. Die geschützten aquatischen Lebensräume wurden zuletzt 2007/2008 kartiert – niemand weiß, in welchem Ausmaß die Verlandung fortschreitet, insbesondere in der Unteren Lobau, die auch ein international geschütztes Feuchtgebiet ist (Ramsar-Konvention). Mit den naturschutzrechtlichen Verpflichtungen der Stadt steht das natürlich nicht in Einklang.
Aber „Wien ist anders“, wie Manfred Christ sarkastisch bilanziert.
Politik feiert geschnorrte Wassereinleitung Panozza-Lacke (14.5.2024)
Achtung, da muss man erst einmal durchblicken! Ausgangspunkt: Es gibt mit der Dotation Panozza-Lacke seit heuer eine neue Dotation der Oberen Lobau, zusätzlich zur sogenannten Mühlwasser-Dotation, die seit mehr als 20 Jahren von März bis Oktober bis zu 500 Liter Wasser pro Sekunde hauptsächlich aus der Neuen Donau in das Schutzgebiet bringt. Die Wiener Stadtverwaltung übt sich aus Anlass der neuen Dotation in Selbstbeweihräucherung.
Das hat Manfred Christ gezwungen, die Tatsachen zurechtzurücken: Bezahlt hat die Stadt Wien dafür „nur einen Pappenstiel“, 95 Prozent kamen aus Mitteln des Altlasten-Fonds des Bundesministeriums für Klimaschutz. Denn die Dotation soll vor allem dafür sorgen, dass die Sperrbrunnenreihe rund um das OMV-Tanklager ihren Zweck erfüllen kann. Und diese Sperrbrunnenreihe geht auf das Problem der „Altlasten“ durch das Bombardement der Alliierten zurück, das in den 90er Jahren entdeckt wurde.
Es gab sogar eine zweite, vorläufige Sperrbrunnenreihe entlang des Donau-Oder-Kanals, die jahrelang unnötig Grundwasser aus der Oberen Lobau in die Donau pumpte, alles natürlich zum Schutz des stromabwärts gelegenen Grundwasserwerks Lobau. Die Geschichte ist kompliziert. Mehr dazu hier auf beasts.at unter dem Suchbegriff Sperrbrunnen.
Mir fällt dazu ein bissiger Einwurf eines Teilnehmers aus einem Forum im Internet ein: „Auf die Idee, stromabwärts von einem zerbombten Tanklager und einem Ölhafen ein Grundwasserwerk zu bauen, muss man erst einmal kommen.“
1970: Als der Lobau der Heilige Zorn zu Hilfe kam (29.5.2024)
Dieser Artikel von Manfred Christ beleuchtet Vorgänge, die vor mehr als 50 Jahren stattfanden – und über das Schicksal der von Industrie- und Straßenbauprojekten bedrohten Lobau entschieden.
Wien hatte 1970 eine Fläche von 175.000 Quadratmetern des Landschaftsschutzgebietes Lobau in Industriegebiet umgewidmet, um hier ein kalorisches Kraftwerk zu errichten, das bis 1979 zu einem Atomkraftwerk (!) umgestaltet werden sollte. Dazu kamen ein geplantes Autobahnkreuz über der Panozza-Lacke und eine, die Obere Lobau zerstückelnde Bundesschnellstraße.
Bei einem Treffen zwischen Naturschützern und Vertretern der Stadt am 20. November 1970 kam es zu einem Eklat, der im Team der Naturschützer den Heiligen Zorn zum Lodern brachte. Es war dieser Zorn, schreibt Manfred Christ, der dann später, 1972 zu einem „Sieg auf allen Linien“ führte, ermöglicht nicht zuletzt durch einen Fernsehauftritt des Polizisten und Umweltschützers Anton Klein zum Thema Lobau am 16. Juli 1972.
Das verhalf Anton Klein, dem Erfinder des Slogans „Lobau darf nicht sterben“, zu österreichweiter Bekanntheit, und letztlich musste die Stadt Wien klein beigeben: „Die noch nicht verbauten Teile des umgewidmeten Industriegebietes wurden in Landschaftsschutzgebiet rückgewidmet. Der Bau der Autobahn und der Schnellstraße durch die Obere Lobau wurde abgesagt und das Versprechen gegeben, die Lobau zum Naturschutzgebiet zu erklären – was 1978 auch geschah.“
Aber es ist viel besser, den ganzen Artikel zu lesen! Nochmal der Link: 1970: Als der Lobau der Heilige Zorn zu Hilfe kam